Die betracheteten Aspekte schwanken von Astrologe zu Astrologe. Viele Astrologen arbeiten mit HSX (30°), SXT (60°), QUA (90°), TRI (120°), QKX (150°) und OPP (180°), nicht wenige auch mit HQU (135°) und EIN (135°), einige wenige benutzen auch BIL (75°), TRL (105°) und TAO (165°). Dann wären alle von der 24-fach-Teilung des Kreises abgeleiteten Aspekte vorhanden bis auf den 15°-Winkel selbst. Es gibt verschiedene Weisen, Aspekte zu betrachten. In Anlehnung an Betrachtungen von Phänomenen der Physik wie der Schwingungslehre kann man folgendes plausibles Erklärungsmodell postulieren: Hält man zur Betrachtung einen Planeten fest, vielleicht auf 0° Wi und läßt einen weiteren von derselben Position aus durch den Tierkreis laufen, so geraten die beiden Planeten immer wieder in verschiedene Arten von Resonanz. Wenn man beispielsweise mit einem Tonstrahler mit einem variabel ausgestrahlten Sinuston eine Metallplatte zum Schwingen anregt, so reagiert sie besonders ausgeprägt, wenn der Ton, der sie trifft, ihrer Eigenfrequenz entspricht, nachrangig auf Vielfache und Teiler. Bei bestimmten anderen Frequenzen fragmentiert sie in Teilflächen, deren Eigenfrequenz oder (Teiler oder Vielfache) der ausgestrahlten Frequenz entsprechen.
Eine andere Betrachtung resultiert aus den Wellen, die entstehen, wenn eine Saite (z.B. eines Monochords) angeschlagen wird, es entstehen immer weitere Oberschwingungen, die natürlichzahligen Bruchteilen entsprechen. Das führt zu der Idee der Harmonics, die postuliert, daß in Analogie zur Saite alle von der 1- bis 12-Teilung des Kreises abgeleiteten Aspekte betrachtet werden sollten.
Eine kabballistische Betrachtungsweise würde sicherlich die Aspekte in den Vordergrund stellen, die von der 1- bis 5-Teilung des Kreises abgeleitet sind, möglicherweise inklusive Nebenaspekten, die z.B. als 1/2 und 3/2 aus jenen entstehen.
Die Aspektlehre ist sicherlich zu einem Teil deduktiv, also aus theoretischem Kalkül und zu einem Teil induktiv, also aus Empirie, entstanden. Im Laufe der Entwicklung, deren Anfang kaum nachvollziehbar sein dürfte und weit über unseren Kulturkreis hinausführt, sind vor allem die o.g. Aspekte postuliert und betrachtet worden. Dabei lassen sich einige der obigen Aspekte systematisieren, indem man sie als von der 12-Teilung des Kreises, von der 24-Teilung und von der 5- Teilung abgeleitet betrachtet. Wenn man strukturell auf die Aspekte schaut, würde man fordern, daß sie im Sinne der Hintereinanderausführung vollständig sind, also mathematisch gesehen eine Gruppe bilden. Damit müssten etwa, wenn der 45°-Winkel (HQU) und der 60°-Winkel (SXT) gültige Aspekte sind, auch der 45°+60°=135°-Winkel ein gültiger Aspekt sein. In der Tat bilden die von der 12-Teilung des Kreises abgeleiteten Aspekte eine Gruppe und eine wichtige Teilmenge der heute verwendeten Aspekte: 30°, 60°, 90°, 120°, 150°, 180° und die weiteren jenseits der 180° sind spiegelbildlich wieder die selben in die andere Richtung vom Ausgangsplaneten. Einige gebräuchliche Aspekte ordnen sich jedoch nicht hier ein, sondern lassen sich nur als von der 24-fach-Teilung abgeleitet betrachten, etwa das Halbquadrat mit 45° und das Eineinhalbquadrat mit 135°. Um eine Gruppe zu erhalten, müssen dann alle von der 24-fach-Teilung des Kreises abgeleiteten Aspekte, also alle Vielfachen von 15° betrachtet werden. Dazu muß der in der astrologischen Literatur kaum aufzufindende 15°-Winkel, das Quattrovigintil definiert werden, was hiermit getan wird.
Nach Gunda Scholdt ordnen sich die Aspekte in verschiedene Wirksamkeitsgrade:
Die Frage der Orben ist die, in welchem Umkreis bzw. Intervall ein real gegebener Winkel zwischen zwei Planeten noch als ein bestimmter Aspekt angesehen werden soll. Realiter treten die Aspekte mehr oder weniger immer mit einer gewissen Abweichung auf, nur wie groß darf diese werden? Diese Frage ist weniger trivial, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Zu beachten gibt es mehrere Effekte bzw. Kalküle: ein "großer, wichtiger" Aspekt, der von einem kleinen Teiler aus dem 360-Grad-Kreis abgeleitet ist, wie etwa KON, OPP, TRI und nachrangig QUA, QNT, würde in einem größeren Bereich "mitschwingen", müssen also einen größeren Orbis (maximale Abweichung) zugebilligt bekommen.
Des Weiteren muß man nach der Umlaufgeschwindigkeit des Planeten unterscheiden: würden NE und PL den gleichen Orbis zugebilligt bekommen wie SO und MO, würden diese Aspekte kaum noch eine Aussage darstellen, da hunderte Millionen Menschen diese Aspekte besitzen. Folglich müssen die Orben dieser Planeten kleiner bemessen werden, die Umlaufzeit ist also eine wichtige Einflußgröße für die Berechnung des Orbis, dabei spielt jeder der beiden Planeten eine Rolle.
Eine weitere Überlegung ist, daß sich bildende Aspekte stärker wirken als solche, die sich in Auflösung befinden. Dabei ist die Berechnung des Parameters bildend von den Bahngeschwindigkeiten der beiden Planeten, deren Stellung bzgl. des idealen Winkels und der eventuellen Rückläufigkeit der Planeten abhängig. Man wird einen sich bildenden Aspekt stärker werten und ihm einen größeren Orbis zubilligen. Wichtig ist auch, daß der Aspekt zwischen zwei Planeten immer eindeutig ist, also zwei bestimmte Planeten in einem Horoskop keine zwei Aspekte gleichzeitig haben. Dabei muß überlegt werden, ob es ein resonanzfreies Intervall geben kann oder jede Position eines Planeten den anderen auf irgendeine Weise beeinflußt, wie auch jeder Ton eines Tonstrahlers eine Metallplatte irgendwie zum Schwingen anregt, auch wenn der ausgesandte Ton weit von der Eigenfrequenz, deren Teilern oder Vielfachen entfernt ist. Schließlich fragmentiert sich auch eine solche Platte bei fast allen Frequenzen und fängt an, in entsprechenden Teilen zu schwingen.
Ist man sich nun sicher, daß es kein "symptomfreies Intervall" gibt, daß eine bestimmte Schwingung also nahtlos, sich langsam ausschleichend in eine andere übergeht, die sich langsam einschleicht, wird man einen Übergangspunkt festlegen müssen, der den Einflußbereich der beiden Aspekte voneinander abgrenzt. Dies kann entweder als ein arithmetischer (zum Beispiel (2*a + b)/3 für den Drittelpunkt, der a näher liegt), besser aber ein geometrischer Teilungspunkt (zum Beispiel 3.te-Wurzel aus (a²*b) für den geometrischen Drittelpunkt der a näher liegt) sein, weil Resonanzphänomene eher multiplikativer Natur sind. Ebenfalls möglich ist eine hyperbolische Teilung, die die arithmetische Mitte (oder ein Drittel oder sonstiges) zwischen den Teilern von 360° ermittelt, die die beiden Aspekte darstellen, also würde im Falle eines Quadrates mit 90° Winkel und eines Trigons mit 120° Winkel, als "Mitte" die 3,5-Teilung des Kreises betrachtet mit einem Winkel von 102,86°.
Dazu kommt die obige Überlegung, die bildenden Aspekte stärker zu werden und mit größeren Orben zu betrachten. De facto steht jeder real auftretende Winkel zwischen zwei Planeten mehr oder weniger zwischen zwei Aspekten, wie sehr diese auch immer in Betracht kommen. Würde man also beispielsweise von einem "geometrischen 1/3-Punkt" ausgehen, der sich als dritte Wurzel statt als arithmetisches Drittel darstellen würde, müßte man die die Stärke der Resonanz in beiden Fällen noch hinzuziehen - auch wieder geometrisch, also multiplikativ - und erhielte damit eine brauchbare, auch strukturlogisch haltbare These, wie Aspektorben - wohlgemerkt - zu abzuschätzen seien. Diese Überlegungen geben nur eine Obergrenze an, die Abweichungen nicht überschreiten dürfen. In einigen Fällen mag diese Obergrenze praxisfern groß sein, in anderen Fällen aber setzen sie unerwartet kleine Grenzen, vor allem bei kleinen und nah beieinander liegenden Aspektwinkeln.
Modelliert man das Verhalten mit einer einmal stetigen Interpolation in Form von stückweisen
Polynomen dritten Grades, die die einfachsten Funktionen sind, die die anzunehmenden Bedingungen
f(x1) = s , wobei s für die angenommene Stärke des Aspekts steht
f'(x1) = 0
f(x2) = 0
f'(x2) = 0
erfüllen, wenn x1 ein Aspekt und x2 der Übergangspunkt zwischen diesem und dem
winkelmäßig nächstgrößeren Aspekt ist,
so erhält man ohne Berücksichtigung der realen Winkelabstände für ein bestimmtes Set an Parametern
beispielsweise folgende Kurve:
Mit Berücksichtigung der realen Abstände ergibt sich:
Im Programm AIS ist dazu ein Dialog implementiert, in dem die Modellierung mit
mehreren Parametern angepasst werden kann:
1. die Stärke jedes Aspekt
2. Der allgemeine Übergangspunkt ohne Berücksichtigung der Stärken der beiden benachbarten Aspekte
3. der Einfluß des allgemeinen Teilungspunktes auf den Grenzpunkt
4. der Einfluß der Stärke der Aspekte auf den Grenzpunkt
Da die verschiedenen Aspekt von verschiedener Semantik sind und keiner dem anderen exakt gleicht, auch wenn sie sich teilweise in "Ähnlichkeits-Klassen" einteilen lassen, reicht zur Visualisierung eine zweidimensionale Kurve der obigen Art nicht aus, die immer wieder den Nullpunkt erreicht, wenn die an einem Übergangspunkt die Wirksamkeit eines Aspektes endet und die Wirksamkeit eines anderen Aspekts beginnt, sondern adäquat wäre erst eine dreidimensionale Kurve, die immer noch im Übergang die Achse tangiert, aber dabei von einem Aspekt zum anderen im Raum rotiert. Dabei könnten dann etwa die von der Dreiteilung des Kreises abgeleiteten und gemeinhin als "entspannend" angesehenen Aspekt in einem Raumquadranten (bzw. einem anderen Zylindersektor) liegen.
Vergleichend soll kurz das Konzept der Kraftmitten, Störungspunkte und Übergangspunkte betrachtet werden, das der Astrologe Frank Felber postuliert. Hier werden zwischen zwei benachbarten Aspekte die Teiler von 360°, aus denen sie resultieren, arithmetisch in 1/8-Schritten unterteilt, also z.B. ergeben sich zwischen dem Trigon, das aus der 3-Teilung des Kreises resultiert und dem aus der 4-Teilung resultierenden Quadrat die genannten Punkte durch 3,5-Teilung, dann durch 3,25 und 3,75-Teilung und schließlich durch durch 3,125, 3,375, 3,625 und 3,875-Teilung ermittelt. Es handelt sich hier also um keine arithmetische Teilung sondern um eine hyperbolische. Dabei wird angenommen, daß die der 3,5-Teilung entsprechende Kraftmitte das optimale Zusammenarbeiten der Qualität der beiden Aspekte darstelle und die Viertelpunkte maximale Störungen zwischen den beiden Aspekten darstellen. Dieses Modell ist, zumindest ohne jede Erweiterung, notwendiger Weise auf die Harmonics beschränkt, es werden nur die Aspekte betrachtet, die aus der 1,2,..,12-Teilung des Kreises resultieren. Will man einige der vertrauten Aspekte wie das Quincunx oder das Eineinhalbquadrat mit berücksichtigen, bedürfte es wohl einer Erweiterung. Zu vermuten steht, daß beispielsweise diese genannten beiden Aspekte durchaus als relevante Resonanzen im Sinne von einfachen Teilern oder Vielfachen der 3- und 4-Teilung auftreten würden: das Quincunx ist das 5-fache des Halbsextils oder das 5/2-fache des Sextils und das Eineinhalbquadrat das 3/2-fache des Quadrats. Welches Modell die Realität besser abbildet, muß die Zukunft zeigen. Die möglichen aus den verschiedenen Teilungen (arithmetisch, geometrisch, hyperbolisch) der Intervalle zwischen zwei Aspekten resultierenden Punkte unterscheiden sich regelmäßig.